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Island - Ein Fototraum | Teil 2

29. September 2014 - Christian Beck
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Ende August veranstaltete der fotoforum-Verlag zusammen mit World Geographic eine Leserreise nach Island. Im ersten Teil berichteten wir bereits über die fotografischen Schwerpunkte der ersten Tage. Nachzulesen hier.

Weiter geht´s:
Tag 3: Schotter, Schwefel und Schlote
Unsere fotoforum-Island-Tour führt uns am frühen Morgen noch einmal zum Gullfoss, jenen riesigen Wasserfall, der scheinbar spurlos in eine Schlucht fällt. Wir erleben das Naturschauspiel im morgendlichen Licht gänzlich neu.
Gullfoss in der Morgensonne

Es geht weiter ins westliche Hochland. Zunächst noch über eine schmucke Teerstraße. Doch schon sehr bald landen wir mit einem kräftigen Ruck auf einer Schotterpiste samt dazugehörigen Schlaglöchern und Querrillen (im Volksmund: Wellblechpiste). In Deutschland würde man in so einem Fall langsam fahren, bis die Piste ein Ende hat. In Island ist so eine Piste allerdings nicht wenige Meter lang, sondern zählt zum gängigen Straßennetz. Und so soll diese Piste den restlichen Tage und die kommenden rund 100 km unsere Knochen malträtieren. Langsam fahren ist also nicht, wir wollen unser Ziel in den Bergen ja schließlich noch erreichen. Also donnern wir mit 40 bis 60 Sachen darüber. Vorteil: Ab einem gewissen Tempo fliegt man von Schlagloch zu Schlagloch …
Piste, Piste und noch mal Piste. Wenn man genau hinschaut, kann man die vielen schönen Schlaglöcher sehen.
Auf den Pisten sind nur 4x4-Fahrzeuge erlaubt. Auf diesem Bild kann man wunderbar die Querrillen erkennen, die im regelmäßigen Abstand von 50-60 cm die Stoßdämpfer quälen.

Nach anfänglicher Verunsicherung geht aber schon recht bald der Pistenrhythmus in unser Blut über und wir finden wieder die Muße nach draußen zu schauen. Denn dort offenbart sich eine bis zum Horizont reichende, karge aber sehenswerte Steinwüste.
Nicht viel zu sehen in der Landschaft. Aber gerade deshalb ist sie so interessant.

Hier und da machen wir kleinere Fotostops bis wir nach rund 1,5 Stunden Fahrt die „Berge der alten Frauen“, wie Kerlingarfjöll zu übersetzen ist, erreichen. Kerlingarfjöll ist ein Hochtemperatur-Thermalgebiet in einer vulkanisch außergewöhnlichen Landschaft: gelbbunte Berge, dunkle Obsidiankuppen und weiße Gletscher. Kälte und Hitze geben sich hier die Hand. Überall raucht, blubbert und zischt es. Es riecht stark nach Schwefel. Wir machen eine ausgedehnte Fotopause, denn es gibt viel zu entdecken.
In Kerlingarfjöll dampft es überall. An den Schwefelgeruch muss man sich erst gewöhnen …
… aber umso toller ist die Aussicht.
Kampf der Elemente. Hier kann man ihn hautnah miterleben.
Unten heiß, oben kalt. Hitze und Kälte treffen hier unmittelbar aufeinander.

Der Nachmittag führt uns in das Thermalgebiet von Hveravellir. Hier hätte uns ein wunderbares Open-Air-Naturbad erwartet, wenn es nicht von den fleißigen Isländern um Punkt 16:10 Uhr wegen Reinigungsarbeiten geschlossen gewesen wäre. Aber halb so wild! Schließlich sind wir ja nicht zum Vergnügen, sondern zum Fotografieren hier. Also werden heiße Quellen, dampfende Schlote oder farbenfrohe Heißwasserbecken in Szene gesetzt.
In diesem "Pool" kann man leider nicht baden.
Mit den Badehosen im Gepäck werden die Landschaft und die vielen heißen Quellen erkundet.

Tag 4 und 5: Landmannalaugar – ein unglaubliches Farbenmeer
Es geht für zwei Tage ins Hochland. Unser Ziel heißt Landmannalaugar. Klingt komisch, ist aber schön. Natürlich führt keine geteerte Straße nach Landmannalaugar, sondern eine unendlich lange Buckelpiste. Ich habe nebst 4x4-Bulli samt Insassen auch noch einen Anhänger mit der Verpflegung hintendran. Und darin ist auch das Bier – also allerhöchstes Gut. Leider hatte ich versäumt, meine kleine GoPro-Kamera während der Fahrt einmal in den Hänger zu montieren. Denn es müssen sich dort herzzereißende Szenen zwischen Tomaten, Bananen, Toastbrot und Bierdosen abgespielt haben. Und gewonnen hat … Keiner! Alles wird durch die Pistentour in Mitleidenschaft gezogen: Das Obst und Gemüse hat einen flüssigen Aggregatzustand angenommen und das Bier einen flüchtigen. Aber wir sind ja nicht zum Vergnügen hier, sondern … Richtig!
Während der Fahrt machen wir wieder zahlreiche Fotostops. Die Landschaft ist einzigartig: Karge Steinwüsten, Wasserfälle, Vulkankrater, moosbewachsene Hügellandschaften und wunderschöne Seen werden von uns festgehalten.
Auf dem Weg nach Landmannalaugar machen wir zahlreiche Fotostops am Wasser …
… oder in der Wüste.
Hier kann nicht viel leben und kaum ein Pflanze wird höher als 30-40 cm. 
Wo man auch hinschaut: Die Ausssicht ist grandios!

Gegen Abend kommen wir an unserer Hütte an, beziehen die Nachtquartiere und genießen ein Bad in einer wunderbaren heißen Quelle. Ein Traum! Ein Traum ist ebenfalls die Umgebung. Wir befinden uns mitten im Nirgendwo. Vor uns hohe, gelbe Berge, davor ein breiter Fluss, rechts graugrüne, schneebedeckte Berge und Hügellandschaften, hinter uns ein gigantisches Obsidian-Lavafeld mit völlig bizarren Formen und zur linken Schafe, die vor den heißen Quellen im Gras liegen. Vor lauter Staunen kommt man gar nicht mehr zum Fotografieren.
Viel los in den Bergen. Beim Camp von Landmannalaugar kommen einige Wanderwege und Pisten zusammen. Hier treffen Outdoor-Freaks, Fotografen und einige Tagestouristen aufeinander. Dennoch ist es alles andere als überlaufen. Vielmehr ist der Ort magisch!

Nach einer abenteuerlichen Nacht im Mannschaftsquartier beginnt für viele Teilnehmer der Tag in der heißen Quelle. Wir packen die Autos wieder voll und unternehmen eine Vulkan-Erkundungs-Tour. Chris (gelernter Geologe und Vulkanologe) führt uns von Krater zu Kater und erklärt die vielen unterschiedlichen geologischen Besonderheiten. Es gibt sehr viel zu fotografieren und zu bestaunen.
Einer der vielen Krater im Gebiet Landmannalaugar.
Nicht umsonst werden in Island viele Science-Fiction-Filme gedreht. 

Gegen Mittag sind wir wieder an der Unterkunft. Mittagessen, kurze Pause, Rucksack aufschnallen, Wanderung durch das große Lavafeld. Was uns dort erwartet ist mal wieder der Wahnsinn. Wie durch einen Irrgarten laufen wir zwischen meterhohen Obsidian-Lava-Blöcken hindurch und gelangen nach gut einer Stunde an eine große Ebene. Flüsse, grüne Wiesen, Wollgras im Wind, weidende Schafe … extremer können die Kontraste kaum sein.
Finde den Weg! Das Obsidian-Lava-Feld wirkt wie ein riesiger Irrgarten.
Gerade lief man noch durch Lava und plötzlich steht man auf einer grünen Wiese auf der die Schafe grasen.
 
Kurze Verschnauf- und Fotopause, dann geht es nach links die Berge hoch zur "Quelle" des Lavastroms. Überall zischt und brodelt es wieder. Schwefel liegt in der Luft. Recht bald erreichen wir einen Gipfel auf rund 900 Meter. Der Wind bläst unglaublich stark, dennoch versuchen wir, die Aussicht zu genießen. Vor uns tun sich Hügellandschaften in allen Gelbtönen auf, teils liegt Schnee in Gipfelnähe, teils sind sie auch mit Moos bewachsen. Unter uns der schroffe Lava-Strom, in der Ferne die grüne Ebene, unser Camp, hohe Berge. Absolut irre!
Zurück geht es wieder durch den Lava-Irrgarten, wie er für eine Filmkulisse nicht besser gemacht sein könnte und alle freuen sich auf einen ordentlichen Hüttenschmaus.
Der Wind bläst sehr stark. Aber Fotos müssen bei dieser Kulisse sein.
Hügel á la Landmannalaugar
 
Zur Fotografie:
Nochmals am Gullfoss:
Anders als am Vortag gehe ich mit einigen Teilnehmern nicht auf die Aussichtsplattform unmittelbar am Wasser, sondern zu einem erhöhten Aussichtspunkt für schöne Übersichtsfotos. Die Sonne steht noch tief und der Wasserfall erstrahlt in einem völlig anderem Licht als am Vortag. Eine Langzeitbelichtung macht wenig Sinn. Also entschließe ich mich für „normale“ Landschaftsfotos. Ein Vordergrund muss her und ist auch in Form eines Felsens oder einen Busches schnell gefunden. Die Sonne integriere ich in meinen Bildaufbau (siehe Bild oben). Damit die Sonne richtig gut kommt, schließe ich die Blende an meinem 14-24-mm-Objektiv maximal. Dann bekommt sie schöne Strahlen. Mit dem Tele mache ich zusätzliche Aufnahmen und setze die anderen Fotografen unmittelbar am Wasserfall in Szene. Es entstehen Bilder, die die Dimensionen des Gullfoss´präsentieren.
Mit dem Tele kann man gut die Proportionen des Gullfoss darstellen.
Ein Mann ein Wasserfall.

Als Stativ für die Island-Tour nutze ich ein neues Manfrotto 190 XPro Carbon-Stativ mit drei Beinsegmenten. Das Stativ ist leicht und stets schnell über die Hebelverschlüsse für die Beinauszüge aufgebaut. Leider nehmen die Hebelverschlüsse aber auch relativ viel Platz weg und so schaue ich manches Mal neidisch auf die Gitzo- oder Benro-Stative anderer Teilnehmer, dessen Drehverschlüsse deutlich kompakter sind. Die Stabilität ist für das leichte Stativ ausgesprochen gut. Allerdings nur mit etwas Übung gelingt das Querlegen der Mittelsäule. Hier hat Manfrotto viel filigrane Technik auf kleinem Raum verbaut, die einem Outdoor-Fotografen überfordern kann. Weniger wäre hier vielleicht mehr gewesen.
Das Manfrotto XPro 190 aus Carbon im Einsatz am Strand
 
Das Hochtermal-Gebiet Kerlingarfjöll
Die Landschaft ist einzigartig. Allerdings muss man erst einmal samt Ausrüstung dorthin kommen. Meine Fotoausrüstung besteht aus einer Nikon D700, einem AF-S 2,8/14-24, einem AF-S 2,8/24-70 und einem AF-S 4/70-200. Hinzu kommen Filter, Filterhalter, Akkus, Fernauslöser, Panoramakopf und Stativ. Das alles fasst mein F-Stop-Rucksack Typ „Loka“, der sich auf dieser Tour mehr als bewährt hat. Er ist ausreichend groß, ausgesprochen robust und dank vernünftigen Beckengurts auch schwer beladen, gut zu tragen. Und ins Handgepäck passt er auch noch. Die Besonderheit ist, dass der Rucksack mit sogenannten ICUs arbeitet, die von der Rückenseite her zugänglich sind. Das sind kleine bis große Kamera-Container, die individuell in den Rucksack integriert werden können. So kann man sich den Rucksack ganz nach seinen Bedürfnissen und für seine Ausrüstung zusammenstellen. Und nimmt man die ICUs aus dem Rucksack heraus, hat man einen ganz normalen Rucksack.
Der F-Stop Loka samt kleiner ICU in die das Kamera-Equipment kommt.

Vorort war ich – das muss ich ganz ehrlich zugeben – erst einmal überfordert. Ich war umgeben von gelben Hügeln, überall war Dampf es zischte und es brodelte. Also konzentrierte ich mich auf einen recht kleinen Bereich von einigen Hundert Metern.
Um mir erst einmal eine Übersicht zu verschaffen, machte ich … natürlich ein Panorama. Eigens dafür hatte ich mir zuvor von Berlebach das neue Panoramasystem MR190 besorgt. Das System zeichnet sich dadurch aus, dass es kompakt zusammengelegt werden kann, was auf Reisen ein enormer Vorteil ist. Stabil ist es natürlich auch und es hält meine Nikon D700 samt aufgesetztem 2,8/14-24 mm und ND-Filter problemlos. Das „MR“ im Produktnamen steht für „Multi-Row“. Das bedeutet, der sonst üblich waagerechte Kamera-Arm kann zusätzlich nach oben und unten geschwenkt werden, um auch Kugelpanoramen zu ermöglichen. Insgesamt ein grundsolides Pamorama-System, dass aufgrund seiner Kompaktheit viele Möglichkeiten bietet.
Das Berlebach MR-190-Panorama-System im Einsatz.
Wieso man immer seinen Sensor sauber halten sollte, zeigt dieses Bild anschaulich: Jeder Kringel im Himmel steht für einen dicken Staubfleck.

Arbeiten mit der GoPro:
Eine kleine GoPro Hero3+ Black Edition ist ebenfalls mein Begleiter auf dieser abenteuerlichen Reise. In erster Linie möchte ich damit Zeitraffer-Aufnahmen machen. Es bietet sich beispielsweise an, die kleine Actioncam irgendwo am Fahrzeug zu montieren, um die Fahrt mitzuschneiden. Ich nutze dazu einen Saugnapf, der ausgesprochen fest sitzt und auch eine Montage außerhalb des Fahrzeuges möglich macht.
Seitliche Montage an der Bulli-Tür samt Seilsicherung.
Montage am Frontscheinwerfer.

Meine Erste Versuche mit der kleinen Kamera gibt es hier zu sehen:

Und wer jetzt schon Urlaub für 2015 einreichen muss: Vom 02.07. bis 11.07.2015 geht es wieder mit uns ins Land aus Feuer und Eis!!
Anmeldung und Infos hier: Klick!
 
Rucksack
Panorama-System

Im kommenden 3. Teil zeige ich große und kleine Eisberge und beschreibe, was sich atemberaubendes an Islands Himmel abspielen kann!

Links zu den anderen Island-Beiträgen:
Island Teil 1
Island Teil 3
Island Teil 4
Mann O Mann,
Island..., Christian Du hast wunderschön geschrieben wie auch ich während der Reise empfunden habe. War schon Wahnsinn, man wußte manchmal gar nicht wo man zuerst hinschauen, hinrichen oder hinschmecken sollte. Und beim ausarbeiten der Bilder stellen sich nach Fertigstellung bei einigen immer noch die feinen Häärchen hoch! Kommt mir manchmal vor wie im (Foto)traum!
Das war ein Reise-highlight trotz ein Paar abenteuerlichen Nächten im Mannschaftsquartier (hahaha). Ich freue mich schon auf den 3.Teil deiner emotionalen und detaillierten Berichterstattung.
Ist die Route nächstes Jahr dieselbe oder eine Andere?

LG aus Altenstadt/Hessen
Rainer
Administrator
Hallo Rainer,

die Tour wird ähnlich werden aber nicht identisch. Ich bin mit Chris gerade im Gespräch und mache Feinabstimmungen. Im Grunde geht es darum gewisse Ziele noch einmal für Fotografen hervorzuheben. Es gibt aber noch nichts spruchreifes.
Augenscheinlich anders ist der Zeitpunkt. Im Juli haben wir ganz andere Chancen, Vögel zu fotografieren.

Viele Grüße,
Christian
Hallo Christian

Schöner Bericht. Da kommen schon einige Erinnerungen an unseren Trip hoch, fast ist es mir als fängt mein Sofa an in Resonanz mit zu ruckeln ;-> Deinen erster Filmschnitt des GoPro Materials fand ich sehr interessant - da sehe ich mir gerne noch mehr an.

Liebe Grüsse Dir und allen Anderen. Stefan
Also Island ist auch für mich der absolute Fotografentraum, und ich war heuer für 100 Tage auf der Insel unterwegs, auch ein Traum. Und dann als Krönung noch der Vulkan...
Dafür habe ich jetzt so viele Bilder, dass ich nur mehr am Computer sitze, das ist dann der Albtraum... läßt sich aber nicht vermeiden.
Hallo Christian, jedesmal, wenn ich den Blog anschaue, ist es wieder ein wenig wie Urlaub. Nachdem ich meine Fotos von 2000 auf 500 "eingedampft" habe, geht es ab nächste Woche an die "Nutzung" (vom Buch bis zur AV-Show). Ich habe es bisher noch die die Highlights so dicht aufeinander gehabt, wie in diesen Tagen auf Island. Ich war schon versucht, mich noch mal anzumelden, das sagt doch alles, oder?
Hallo Christian,
das Warten auf den zweiten Teil hat sich gelohnt - du kannst wirklich Lust auf Island machen.
Wann kommt der dritte Teil?
VG Andreas
Interessant zu sehen, wie die Landschaft im (besten?) Sonnenlicht wirkt. Wir waren Anfang August bei durchwachsenem Wetter an den gleichen Stellen und ich muss sagen, meist gefallen mir die "Schlechtwetter-Fotos" sogar besser. Was keine Abqualifikation der hier gezeigten Aufnahmen sein soll.
Administrator
@Andreas: Ich bin gerade dabei. Ich denke, kommende Woche ist er fertig.
@Armin: Ja! Wir hatten fast nur gutes Wetter mit Sonne pur. Für´s Gemüt war´s natürlich super aber für die Fotos wurde es irgendwann schon fast langweilig. Ein wenig mehr "Wetter" hätten wir uns auch gewünscht. Aber es ist wie es ist und irgendwas hat man ja bekanntlich immer am Wetter auszusetzen.

Viele Grüße,
Christian