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Photokina 2014

23. September 2014 - Julian Weber
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Das war sie also, die größte Fotomesse der Welt und wir sind - nunja - unterwältigt. Aus fotografischer Sicht gab es nicht viel Neues, was in Köln vorgestellt wurde. Die großen Konzerne betreiben Modellpflege. Mit der von Canon vorgestellten EOS 7D Mark II konnten wir auf der Messe eine für den Semi-Profi entworfene Kamera mit Canons im vergangenen Jahr eingeführten Dual-Pixel-APS-C-Sensor in Augenschein nehmen. Nikon zeigte mit der D750 eine Neuerung für die DSLR-Sparte des Konzerns. Nur wirklich Überraschendes war nicht dabei. Natürlich, gute Kameras weiter zu verbessern und das Produktsortiment zu erweitern ist immer schön. Wenn Hersteller es dann auch noch schaffen bereits bestehende Kameras nur über ein Firmwareupdate mit besseren Funktionen zu versorgen - super! Aber ist das eine Neuigkeit, mit der man noch punkten kann?

Wenn man den Kameramarkt betrachtet, zeichnet sich eins klar ab. Die Zeit in der nur DSLR-Kameras für beste Qualität stehen ist vorbei. Der Marktanteil der spiegellosen Systeme steigt massiv, während der Marktanteil von DSLR-Kameras im selben Maße schrumpft. Nur gerade im Bereich der spiegellosen Kameras haben die Marktgrößen Canon und Nikon kaum einen Stich gegen Hersteller wie Olympus und Fujifilm, die frühzeitig das Potenzial der spiegellosen Kameras erkannten.

Auch die Zeit der großen Messen ist vorbei. Zumindest die Zeit, als große Messen noch der Zeitpunkt im Jahr waren, auf den jeder Hersteller hingefiebert hat, weil nur dort genug Zuschauer und Fachpresse anwesend sind, um ein Produkt wirklich bekannt zu machen. Sony kündigte auf der Photokina kaum Neuigkeiten an. Über das Jahr verteilt betrachtet sieht es hier aber anders aus. Eine weitere Edition der Vollformatkamera Alpha 7, eine Ergänzung der Smartphone-Kamera QX. So wie die Japaner halten sich viele Hersteller nicht mehr an die früher selbstverständliche Vorgabe, dass Neuigkeiten nur noch zur großen Fachmesse vorgestellt werden.
Für Besucher gibt es viel Technik auszuprobieren. Die großen Neuerungen blieben jedoch aus.

Ist die photokina überholt und der Besuch war für die Katz? Nein.

Mit deutlich über 1.000 Ausstellern bleibt die photokina der Ort, an dem wir Neues entdecken können. Und mit stabil 185.000 Besuchern ist die Messe auch für Fotografen und sonstige Interessierte immer noch ein Anlaufpunkt, um einfach einmal geballt zu sehen, was die Welt im Bereich der Fotografie (und Videografie) zu bieten hat.

Leica legte den Schwerpunkt auf die Präsentation der Ergebnisse ihrer Fotografen. Große Ausstellungen ergänzten den Messestand.

Unsere Höhepunkte der photokina 2014
Während Canon, Nikon, Olympus und Sony mit Neuigkeiten geizten, machte Samsung einen Schritt in Richtung semiprofessionelle Fotografie. Die NX1 zeigt, dass die Spiegellosen-Systemkameras den klassischen DSLR-Boliden durchaus das Wasser reichen können. In Haptik und Funktionalität ist die Kamera durchdacht und dürfte sich unserer Meinung nach als starker Konkurrent für den DSLR-Markt zeigen. 
Mit einem 28 Megapixel rückseitig beleuchtetem Bildsensor schafft die Samsung auch unter schwierigen Bedingungen noch gute Bildqualität. Ein großer Vorteil der spiegellosen Technik: Mit 153 Kreuzsensor-Messfeldern kann der Sensor sehr zuverlässig auch sich schnell durch den Bildausschnitt bewegende Objekte erfassen.

Ein Statement für den Stil der analogen Fotografie legte Leica mit der M Edition 60 ab. Eine komplett digitale Leica M in einer limitierten Edition von 600 Stück - nur ohne Monitor. Wie die Kamera programmiert werde, konnte uns bei Leica noch niemand sagen. Am Ende wäre es sowieso aber nur das Datum, was man einstellen müsse. Die Kamera liefere Raw-Daten, im Format könne man dort nichts ändern. Mittlerweile ist die Kamera ausverkauft. 15.000,- Euro kostet ein Gerät der Sonderedition. Klar machte Leica den Stellenwert der analogen Fotografie für das Unternehmen mit der Vorstellung der Leica M-A, der ersten neuen analogen Leica M seit Jahren.  

Ansonsten: Sigma baut mit zwei massiven Telezooms (5-6,3/
150-600 mm) sein Produktportfolio aus, Pentax/Ricoh kündigt die Entwicklung von Kleinbild-DSLRs an, Globell belebt die Marke Meyer-Optik Görlitz wieder und stellt Porträt-Objektive mit Petzlav-Effekt vor. Auch wenn die wirklich großen Neuerungen ausblieben, genug zu sehen gab es definitiv.

Auf Messen geht es natürlich auch immer um Spielzeug, technische Neuerungen, die man eigentlich - seien wir ehrlich - meistens nicht braucht. In den letzten Jahren haben Flugdrohnen massive technische Fortschritte gemacht. Die kleinen (und größeren) Geräte sind mittlerweile verhältnismäßig einfach zu steuern. Und so surrte es an der photokina an allen Ecken und Enden.
Panasonic führte 4k-Videografie von der Drone aus vor. Mit den leichteren Systemkameras benötigt die Drone nicht viel Kraft und kann sogar in Räumen geflogen werden.
Für den Freizeitanwender - oder schlicht für den beeindruckenden Effekt - gibt es auch schlankere Dronen. Hier setzen die Hersteller entweder auf eigene Kameralösungen oder verbauen Actioncams mit HD-Auflösung.

Wie sehr meine persönliche Begeisterung für die Fluggeräte hier eine breite Begeisterung widerspiegelt, ist natürlich fraglich. Doch die Kamera neu zu erfinden, das ist mittlerweile wirklich schwer geworden. Also geht es um Effekte und Perspektivwechsel.

Und ehrlich, warum sollte auch jemand das Rad neu erfinden, wenn es doch gut rollt? Die aktuelle Kameratechnik ist in großen Teilen ausgereift, die technischen Innovationen finden im Detail statt - eben als Modellpflege oder werden in neue Produkte jenseits der reinen Fotografie gesteckt.

Wir sind gespannt, was die nächsten Jahre bringen werden. Gesammelt sehen wir dann alles wieder 2016 auf der photokina in Köln.



Edit: In einer vorherigen Version des Textes war die Leica M Edition 60 missverständlich als "Statement für die Analogfotografie" beschrieben. Der Teil des Textes ist jetzt angepasst.
Natürlich ist das ein wenig überspitzt, was ich schreibe. Die Messe als Branchentreffen, als Kontaktbörse und als Möglichkeit etwas Neues zu finden, von dem ich gar nicht wusste, dass es existiert, möchte ich nicht missen. Allein wie viele Kollegen, Autoren und Fotografen ich konzentriert an den Tagen treffe: Dafür müsste ich sonst Wochen durch die Republik reisen.

Was meine Einschätzung der Produkte angeht: Da bin ich vielleicht als Fachjournalist auch etwas verwöhnt und betrachte die Messe ein bisschen durch die Spezialistenbrille. Die Neuigkeiten von Profoto und auch Lytro sind halt für mich keine Neuigkeiten mehr. Die Produkte sind schon mehrere Monate alt und ich konnte mir zu diesen und den meisten anderen auch schon eine Meinung bilden.

Ich erwarte zwar auf der photokina kein Feuerwerk aber eben doch noch irgendeine innovative Neuigkeit für den Bereich der Fotografie. Und dieses eine große Highlight blieb - konkret während der Messe - doch irgendwie aus.

Ich werde in zwei Jahren auch wieder da sein. Einfach mal nach dem kleinen fotoforum-Schild auf meinem Hemd Ausschau halten, dann können wir das Thema auch gern mal auf der Messe direkt diskutieren.
Zum Thema Leica:

"... Da bin ich vielleicht als Fachjournalist ..." (sic):

... " Ein Statement für die analoge Fotografie legte Leica mit der M Edition 60 ab. Eine komplett digitale Leica M in einer limitierten Edition ... " (sic)

Analog oder digital ?

Gruß
Gerhard Junker
Hi Maestro. Die Leica M60 ist komplett digital steht aber doch in ihrer Art stellvertretend für die Analogfotografie. Konzentration aufs Fotografieren, keine ständige Bildkontrolle, keine Einstellungen jenseits der Bildparameter und ISO. Was der interessante Aspekt für den herkömmlichen Digitalfotografen sein dürfte. Ich habe den Text bewusst nicht mit Technikinfos voll gepropft. Ist der Gedanke dahinter so falsch zu verstehen?
Hallo Julian,

"... Ist der Gedanke dahinter so falsch zu verstehen? ..."

Eigentlich schon, weil Leica als Reminiszenz an die analoge Fotografie die M-A (als tatsächlich analoge Kamera) vorgestellt hat.

Gruß
Maestro
Hm. Für mich war der Unterschied klar. Die M-A ist Neuauflage der alten Technik. Die M60 das Statement "besinnt euch auf die Kernelemente der Fotografie". Wenn man das so falsch verstehen kann sollte ich den Part mal eben anpassen. Danke für das Feedback.
Gelöschter Benutzer
Ich war begeistert von der photokina und war 3 Tage da.
Dein Bericht ist sehr einseitig finde ich. Denn es gab viel mehr.
Super Foto-Ausstellungen, Liveshootings auf diversen Bühnen, eigentlich von allen was, das Herz begehrt.

Hier mein Pressebericht der etwas anders aussieht:

Ich bin kein Fachjournalist, aber ich sehe das gesamte Bild einer Messe und das hat mich dieses Jahr überzeugt!



http://www.lokalkompass.de/duisburg/leute/iiiphotokinaiii-in-koeln-frisch-von-der-pressekonferenz-d471929.html/action/recommend/1/send/1/#form
Gelöschter Benutzer
Andreas van der Beeck,

Stimme Dir in allen zu, auch mein Pressebericht ist anders ausgefallen. Die Ballcamera, welche noch in der Entwicklung ist wird super und Lytro illium hat mich überzeugt.

LG
Sabine
Vielen Dank für den tollen Bericht.
Was auch immer die Zukunft noch bringen mag, ich arbeite gerne mit meinen Spiegelreflex Kameras und freue mich bereits auf die Canon EOS 7D II.

Grüsse Martin
Gelöschter Benutzer
Ja ,Andreas meine Worte, es wurde zum 175 Jahr der Fotografie so viel geboten außerhalb der tatsächlichen photokina.
Aber was mir am meisten gefallen hat, das waren beim Nordeingang die erste Galerie und eine Fotografin, die sich beworben hatten für eine kleine "Koje" , um die eigenen Arbeiten auszustellen.
Das wird in 2 Jahren bestimmt noch mehr angenommen werden.
Und der Andrang war wirklich nicht schlecht!

Auf der Pressekonferenz waren wirklich viele Journalisten, Fachjournalisten. Ich kann Julian Weber einerseits verstehen, aber er kann nicht davon ausgehen, nur weil er Monate vorher an Infos gekommen ist für Neuigkeiten in der Fotoindustrie , dass alle anderen diese Infos auch haben. Das ist sein Job das zu wissen und ich gehe davon aus, das er alle Neuigkeiten ausprobiert hat, denn sonst würde seine Einschätzung ja nur eine persönliche sein, ohne die tatsächliche Erfahrung die man haben sollte, um Beurteilungen zu schreiben, denn für manche sind das Empfehlungen die damit ausgesprochen werden.
Aber für die Allgemeinheit und interessiertes Fachpublikum sind ja diese Messen da.
Und ich gehöre zur Allgemeinheit!
Ich freue mich auf 2016 und nächstes Jahr auf die Photo+Adventure in Duisburg. Termin 2.WE im Juni 2014
LG
Sabine
Da möchte ich dann doch ein kurzes "Aber" einfügen. Natürlich: Die photokina als Event mit Liveshows, Ausstellungen und Technikvorführungen ist interessant, begeisternd, fesselnd. Die photokina lockt damit fast 200.000 Besucher, so ganz falsch liegen sie also definitiv nicht.

Aber: Eine Messe ist traditionell auch immer der Zeitpunkt, an dem die Branche zeigt, was sie kann und was sie können will - es werden eben hauptsächlich die neuesten technischen Innovationen gezeigt. Der Technikbereich (und genau darum geht es in meinem Beitrag) ist immer noch der größte Aspekt der Messe zeigt von den großen Herstellern hauptsächlich Produktpflege - Innovationen gibt es eher bei kleinen Herstellern und damit nur für sehr schmale Zielgruppen. Den Markt der Fotografie bestimmen eben immer noch eine handvoll großer Hersteller und dort wurden kaum Neuerungen vorgestellt.

Natürlich ist der Text darum einseitig. Schlicht weil ich in diesem Moment nicht über Ausstellungen reden wollte, oder die interessanten Fotografen vorstellen wollte, die ich mir für das Magazin bereits ausgeschaut habe, sondern auf meiner Meinung nach vorhandene Schwachpunkte hinweisen wollte.

Und das jetzt hier lebhaft kommentiert wird - super!
Gelöschter Benutzer
Hallo Julian,
schön das man Dinge immer von mehreren Seiten sehen kann.
Deine Argumentation ist für mich nachvollziehbar und wenn es so ist, dann wäre ein Bericht schön gewesen von kleinen innovativen Firmen wie : Panono mit ihrer Ballcamera
Das ist noch nicht ausgereift aber die Zukunft sieht gut aus.
Vielleicht das als kleiner Tip, denn ich bin wie schon geschrieben ein eher neutraler Besucher-und Künstlerin, ohne das Fachwissen was Du erworben hast.
Das nächste Mal sehen wir uns dann 2016 und ich zeige Dir mal wie ich die photokina sehe und empfinde, ein ganz anderer Blickwinkel ganz bestimmt...smile
Gelöschter Benutzer
Hallo Julian,

es ist mittlerweile bekannt, das die allermeisten Hersteller nicht mehr auf die Photokina warten, um ihre neuen Produkte vorzustellen.
Für mich ist es das Gesamtpaket der Photokina, was mich begeistert hat. In zwei Jahren werde ich auch wieder da sein, so Gott es will.

Gruß Lutz
Rolle der Photokina als Leitmesse

Auch für mich war die diesjährige Photokina einerseits vereinnahmend bis umwerfend - auf jeden Fall als Event glaubwürdig inszeniert - und sich über das Technische hinausschwingend.
Die Frage ist aber, ob darin nicht bereits eine Überdehnung, eine Abhebung liegt, ein Versuch, den drohenden Verlust als
Signalmesse der fototechnischen Innovation zu überkompensieren. Was Julian Weber schreibt ist ungemütlich, könnte aber berechtigt sein. Man sollte auch fragen - warum weichen die Hersteller ab von der bisher gepflegten Linie, Neuigkeiten erst auf der Messe vorzustellen. Das "gehört" sich nicht - und es muß einen Grund dafür geben. Man stelle sich eine Cebit vor,
auf der es keine neuen IPhones zu sehen gibt ! Der Kunsttheoretiker
Klaus Honnef schreibt ebenfalls kritisch über die Photokina - und er sieht als Dämon über der gesamten objektivtragenden Kameraindustrie schweben - den Angriff zukünftiger Super - Fotohandygenerationen. Die Kamerahersteller wären auch die Hersteller der Fotohandys - und daher würden sie wissen, was kommt und sich in ihrem Verhalten langsam darauf einstellen...eine pessimistische Perspektive ?
G
Aspector
Gelöschter Benutzer
Das mag alles sein, aber der technische Fortschritt erlaubt es den Herstellern einfach nicht 2 Jahre auf die Messe zu warten, da ist die Konkurrenz zu groß, es hängen auch viele Arbeitsplätze davon ab.
Und ob man in 10 Jahren nur noch mit Handycameras fotografiert und ganz weg geht von den jetzigen Kameras, das wird auch der Kunde mit entscheiden.
Nicht jeder ist gewillt unendlich schweres Gerät mit zu schleppen, wenn es einfacher und von der Qualität eben würdig ist.

Ich erinnere nur an die normale Dunkelkammer mit Equipment vor vielen Jahren und jetzt die "Digitale Dunkelkammer" mit Lightroom und anderen Bearbeitungsprogrammen.

Es muss nicht schlechter werden, aber innovative Firmen und etablierte Händler können nicht 2 Jahre auf eine Messe warten, da müssten die Messeveranstalter sind bewegen und diese jedes Jahr anbieten!

UND ich war begeistert vom gesamten Konzept der Messe
LG
Sabine