Kanaren zu Fuß

52 Stunden

17. Oktober 2013 - Andre Schumacher
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Wie soll man etwas beschreiben, wenn einem die Worte fehlen? Hinter mir liegen 52 Stunden non-stop. Ein Fotomarathon mit zwei Läufern. Die Verpflegung: 2 Kilo Kaffeepads, 1 Flasche Kirschwasser, 3 Flaschen Rioja.

Steffen Wilbrandt kenne ich schon seit vielen Jahren, um genau zu sein: seit 28. Als es noch keine Bundesländer gab, sondern Bezirke, da fand einmal im Jahr unter der Anleitung erlesener Pädagogen und renommierter Künstler das so genannte "Spezialistenlager für Bildende Kunst des Bezirks Rostock" statt. Steffen war einer der Lehrenden – verantwortlich für Holzschnitte, Radierungen, Drucke jeder Art. Ein absoluter Profi. Er sagte von sich, wenn er denke, dann nur in Doppelseiten.

Im vergangenen Winter haben wir Abendbrot gegessen und beschlossen ein Buch zu machen. Wie das eben so läuft, wenn man plaudert und lacht und trinkt und gerade von einer sechsmonatigen Wanderung zurückgekommen ist und 30.000 Fotos im Gepäck hat und ebenso viele Anekdoten. Die Messlatte haben wir, der Stimmung des Abends entsprechend, in die richtige Höhe gelegt. Steffens Motto: Unter einem Buchpreis fangen wir gar nicht an! Mein Motto: Wenn schon ein Bildband, dann einer, wie es noch keinen gab!
Ich habe Freunde aus aller Welt eingeladen mit mir zu schreiben: Journalisten, Künstler, Aussteiger, Architekten, Philosophen, Träumer – Weggefährten aus 20 Jahren Unterwegssein. Sie erzählen von Freiheit und Heimat, von Freundschaft, vom Leben – von dem also, was jede Reise durch das Außen auch immer ist: eine innere Reise.

Nun ist Steffen also hier. Am Montag Mittag haben wir die 600 Fotos, die es in die engere Wahl geschafft hatten, nach Inseln geordnet auf dem Boden ausgelegt. Die eine Hälfte von ihnen ist langsam verschwunden, die andere wurde wieder und wieder verschoben, gemischt, gedreht, kombiniert, und das in einer mir zuvor nicht bekannten Komplexität: Wo wollen wir den Leser bremsen? Wo verweilen, wo beschleunigen? Wie wollen wir den Leser an Fotos heranführen, die in ihrer Kombination irritieren? Wie informieren ohne zu belehren? Wie witzig sein ohne ins Banale abzurutschen? Wie Altbekanntes in einen neuen Zusammenhang setzen – oder es auch einfach weglassen? Womit wollen wir die Reise beginnen und mit welchem Gefühl wollen wir den Leser wieder in seine Umgebung zurückkehren lassen? Wie feiern wir, dass wir – der Leser und die Autoren – gemeinsam sechs Monate unterwegs waren?

Mittwoch Nacht bewegen wir das letzte Foto. Sieben Geschichten sind erzählt. Mein Bett sieht aus wie eine Doppelseite: zwei Matrazen, dazwischen der Bundsteg. Da fall ich rein – und der Einband schließt sich.

Administrator
Hiermit bestelle ich schon mal ein Rezensionsexemplar ;-)
Hört sich schon mal spannend an! Viel Erfolg! LG claudia
Gern Christian, ihr seid die ersten! Versprochen.