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Arbeiten auf Reisen ... ein Traum?

31. Januar 2017 - Thorge Berger
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Angefangen hat die Idee bei mir wohl damit, dass ich als Selbstständiger anfing, meinen Jahresurlaub immer weiter auszudehnen.  Das tat ich jedoch immer in Rücksprache mit meinen Kunden mit der Zusage, grundsätzlich weiter erreichbar zu sein.
Und tatsächlich sorgt die Globalisierung ja dafür, dass dies mittlerweile selbst in den entlegensten Teilen der Welt immer besser möglich ist. Fluch und Segen liegen hier sicher nah beieinander, aber das wäre eine andere Diskussion ...

Wie es dazu kam
Vor einigen Jahren waren meine Frau Heike und ich dann richtig mutig und wir verwirklichten uns einen lange gehegten Traum: Wir nahmen eine Auszeit von sechs Monaten, während der wir komplett auf Reisen waren. Natürlich war das lange geplant, wir hatten gespart und – wir hatten wieder Absprachen mit unseren Kunden getroffen. Es war fantastisch, so lange unterwegs zu sein und von einem Land ins nächste zu reisen: Oman, Indien, Bhutan, Thailand, Laos, Japan und Australien. In manchen Ländern war es ein erstes Reinschnuppern, in anderen verbrachten wir ziemlich viel Zeit. Rund einen Monat verbrachten wir damals zum Beispiel in Thailand, genauer gesagt in Chiang Mai (einer Stadt im Norden des Landes), wo thailändische Freunde von uns leben. Dort entdeckten wir auch das Konzept der sogenannten Coworking Spaces für uns. Dabei handelt es sich um eine Büroetage oder ein Bürogebäude, das als Großraumbüro dient - in unserem aktuellen Fall ist es ein altes Loft. Dort kann man sich dann einen Arbeitsplatz mit eigenem Schreibtisch und sehr schneller Internetverbindung mieten. Optional gibt es weitere Angebote, wie etwa einen eigenen Monitor, die Möglichkeit zu drucken und zu scannen oder sogar einen Meeting-Raum mit Beamer und allem Drum und Dran zu mieten. Es gibt Kaffee und Wasser umsonst, sowie eine kleine Küche. Die Atmosphäre ist konzentriert und das Angebot wird viel von sogenannten Digitalen Nomaden genutzt. Dazu gehören beispielsweise Programmierer, Web-Desinger oder Reiseblogger. Also Menschen, deren Arbeit vor allem am Rechner stattfindet und die daher nicht ortsgebunden arbeiten müssen. 

Nun, wir probierten dieses Arbeitskonzept seinerzeit für uns aus und waren schnell sehr angetan davon, auf der einen Seite konzentriert zu arbeiten, und auf der anderen Seite die Vorzüge zu genießen, die Chiang Mai zu bieten hat: fantastisches Klima (ich sitze hier gerade in Shorts und Flip-Flops an meinem Schreibtisch, während ich die Zeilen tippe), köstliche Thai-Küche, sehr schöne Cafés mit köstlichem Kaffee - oft selbst geröstet, die berühmt-berüchtigte Thai-Massage, die an jeder Ecke angeboten wird und nach langen Stunden am Schreibtisch zwar zunächst weh, dann aber sehr gut tut, sowie eine interessante Umgebung mit vielen Möglichkeiten: in der Altstadt von Chiang Mai gibt es alleine 48 aktive buddhistische Tempel!


Schon damals entstand der Plan, später noch einmal für eine längere Zeit nach Chiang Mai zu gehen, um dort an Projekten zu arbeiten. Und nun sind wir hier: Von Mitte Dezember 2016 bis Mitte Januar 2017 überwintern wir in Chiang Mai, um hier zu arbeiten. Ein günstiges Guest-House in der Altstadt ist selbst in der Hochsaison noch relativ leicht zu finden. Ein Fahrrad kann man ebenfalls quasi an jeder Ecke mieten.

Im Coworking Space
Als wir ankommen, ist der Coworking Space ziemlich frequentiert. Das Arbeiten in Chiang Mai scheint sich deutlich steigender Beliebtheit zu erfreuen. Daher entscheiden wir uns für die Cool Desk-Option. Dabei hat man Anspruch auf einen festen Schreibtisch sowie einen eigenen Locker, also einen abschließbaren Container, sodass man auch Arbeitsmaterial dort lassen kann. Außerdem bekommen wir einen 24/7-Zugang, d.h., auch, wenn man mal jenseits der üblichen Geschäftszeiten arbeiten will, hat man jederzeit Zugang zum Coworking Space durch einen Fingerabdruckscanner am Eingang.


Es hat aber auch Vorteile, dass es voll ist: Die Betreiber organisieren neuerdings einen optionalen Power Lunch, bei dem man sich einer Essenbestellung anschließen kann und dann gemeinsam auf dem großzügigen Balkon isst. Das klingt verlockend (gebratene Nudeln, wahlweise mit Hühnchen, Schweinefleisch oder vegetarisch für 50 Bath umgerechnet ca. € 1,50), also probieren wir es aus.
Das Essen ist lecker. Warum Nudeln mit Chicken ein Power Lunch ist, erschließt sich uns zwar nicht, aber es gibt ein interessantes Phänomen zu beobachten: Wo sonst alle voll konzentriert und schweigend arbeiten, quatschen beim Lunch plötzlich alle ausgelassen. Vielleicht kommt ja daher der Name? Oder, alle hatten einfach viel aufzuholen ... Interessant ist auch, dass die Menschen aus allen möglichen Teilen der Welt kommen und wir in dieser Runde die einzigen Deutschen waren.

Vorbereitungen ...
Will man längere Zeit fern von zu Hause bzw. dem eigenen Arbeitsplatz arbeiten, gilt es einiges im Vorfeld zu bedenken:

• Welches Material brauche ich?
• Wozu habe ich vielleicht später keinen Zugang mehr?
• Wie organisiere ich meine Technik?

Noch an Material zu kommen, das man zu Hause vergessen hat, ist schwierig, wenn nicht unmöglich. Wichtig ist daher, wirklich alle Daten (Bilder, Videos, Audioaufnahmen etc.) auf Festplatten dabei zu haben. Zwar habe ich in Deutschland ein NAS-Laufwerk, auf das ich per remote zugreifen kann, aber, bei den Datenmengen ist man darauf besser nicht angewiesen. Insbesondere, da ich für mein Projekt, die Kumbh Mela Live-Reportage (19. Februar – Rautenstrauch-Joest Museum, Köln) auch eine Menge Videoschnitt machen wollte, war es wichtig, schnelle Festplatten zu nutzen. Und in diesem Bereich hat sich wirklich einiges getan: Der Österreichische Hersteller Angelbird bietet kleine und sehr robuste SSD-Festplatten an, die sich für mich als goldrichtige Wahl herausstellen, zumal sie bereits die neue, superschnelle Schnittstelle USB-C unterstützen. Die konzentrierte Arbeitsatmosphäre im Coworking Space macht außerdem ein gutes Paar Kopfhörer erforderlich, so man mit Ton arbeitet. Last, but not least wollte ich einiges an Literatur nutzen. Zwar kann man heutzutage fast alles im Internet recherchieren, aber eben nur fast alles. Bücher sind jedoch schwer und es gibt ziemlich strikte Gewichtslimitierungen auf Flugreisen. Daher haben meine Frau und ich bereits 3 Wochen vor Abreise ein Bücherpaket vorausgeschickt. Im Coworking Space hatten wir bescheid gesagt, sodass sie das Paket für uns in Empfang genommen haben. Für mein Projekt, die Arbeit an meiner Live-Reportage, wollte ich die Präsentations-Software m.objects nutzen. Da ich jedoch Apple-User bin und die Software nur für Windows verfügbar ist, stellte mich das vor einige Herausforderungen (Übrigens, man kann es kaum glauben, aber für aufwendigere Live-Präsentationen auf dem Mac gibt es scheinbar keine professionelle Software!). Zum Glück bietet Apple jedoch mit Bootcamp die Möglichkeit, auch Windows auf einem Mac zu installieren. Die Installation stellt sich als denkbar einfach heraus und mein Paket von m.objects aus Münster, mit dem notwendigen Software-Dongle, kommt auch gerade noch rechtzeitig an. Es kann also los gehen.

Herausforderungen
Die Idee, in Chiang Mai Arbeit mit Leichtigkeit zu verbinden, geht fast komplett auf: Wir kommen gut voran, gönnen es uns aber immer wieder auch, die Stadt und die Umgebung zu erkunden. Dabei ist das Café „Terracotta in the Garden“ einer unserer Lieblingsplätze geworden, der sowohl zum Verweilen einlädt, als auch viele interessante Fotomotive bietet.

Allerdings passieren manchmal auch Dinge, die einem den Angstschweiß auf die Stirn treiben können: Eines Tages geht, ohne ersichtlichen Grund, mitten in der Arbeit an meiner Präsentation mein Laptop aus! (Es ist ein brandneues MacBook Pro 15“, das ich erst seit Anfang Dezember habe und mit dem ich bisher äußerst zufrieden war). Als ich ihn wieder einschalten will, bekomme ich die Nachricht, dass die Batterie alle wäre. Kann eigentlich nicht sein, denn ich habe die ganze Zeit mit einer Steckdose verbunden gearbeitet. Es begann eine Odyssee, in der ich viele Schweißperlen vergoß, viel Rat einholte und mich schon damit abfand, zwecks Reparatur, rund 14 Tage auf mein Arbeitsgerät zu verzichten. Nach erneuter verzweifelter Recherche fand ich dann allerdings den einen Hinweis auf den System Management Controller, der in solchen Fällen zurückgesetzt werden möchte …
 Sehr viel Hoffnung habe ich zwar nicht, aber, was habe ich zu verlieren? Und dann passiert das Wunder ... Es funktioniert!!! Ich habe zwar die Teile meiner Präsentation verloren, an denen ich vormittags gearbeitet hatte, aber, das war natürlich im Verhältnis sehr leicht zu verschmerzen, denn nun hatte ich wieder einen funktionierenden Rechner. Meine Erleichterung war riesengroß und eine Wahnsinnsanspannung fiel von mir ab.

Neujahr in Thailand
Wir haben auch Weihnachten und Neujahr in Chiang Mai verbracht und einmal ganz anders gefeiert:  Am Tha Pae Gate (Stadttor) ließen wir gemeinsam eine Papierlaterne in den Himmel steigen, um uns damit für das Gute im vergangenen Jahr zu bedanken und unsere Wünsche für 2017 ins Universum zu schicken. Anschließend haben wir an einer wunderschönen Zeremonie buddhistischer Mönche in unserem Lieblingskloster Wat Phan Tao teilgenommen. 

Nun ist es Zeit, mal wieder in die Hände spucken, damit es am 19. Februar auch eine schöne Präsentation zu sehen gibt. 
Mehr Infos zu meiner Präsentation im Februar gibt es hier: https://www.grenzgang.de

Vielleicht haben Sie ja Lust, am 19. Februar vorbeizukommen und sich anzusehen, was in Thailand "den letzten Schliff" bekommen hat?! Ich würde mich freuen!
Hallo Jochen!
Lieben Dank für dein Feedback! Ja, die Reaktionen sind nicht gerade "überwältigend" ;-)
Aber, vielleicht ist das Thema für viele hier einfach zu "exotisch" oder einfach nicht relevant. Wie auch immer ...
Jedenfalls hat es wirklich super geklappt, auf der einen Seite sehr konzentriert zu arbeiten und es auf der anderen Seite mit "der Leichtigkeit des Seins" zu verbinden!
Und auch mein "Kumbh Mela" Vortrag, an dem ich ja maßgeblich in Chiang Mai gearbeitet habe, ist mir gut gelungen und war ein großer Erfolg. Als ich ihn am 19. Februar erstmals im Rautenstrauch-Joest Museum in Köln gezeigt habe, sind knapp 300 Besucher gekommen!
Für mich war es übrigens auch eine Premiere in Sachen m.objects und nachdem ich wieder etwas mehr in der "Windows-Denke" angekommen bin, (ich arbeite schon seit knapp 20 Jahren mit einem Mac), habe ich das Programm auch wirklich zu schätzen gelernt!

Ich denke, es war für mich nicht das letzte Mal, eine solch ortsungebundene Projektarbeit ins Ausland zu verlagern ... ;-)

Herzliche Grüße
Thorge