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FORST - Von Bäumen und Menschen

28. Oktober 2021 - Christian Beck
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Der Hambacher Forst ist längst zu einem Symbol geworden. Symbol für den Widerstand. Symbol für politisches Versagen. Symbol für den Klimaschutz. Symbol für Polizeieinsätze, die nachher vielleicht doch nicht so ganz gerechtfertigt waren. David Klammer war als Journalist und Fotograf dabei als Hütten gebaut, als Barrikaden errichtet wurden und als die Polizei mit der Räumung begann. Jetzt möchte er dem Symbol ein Denkmal setzen und ein Buch - finanziert per Crowdfunding - dazu veröffentlichen. Dafür fotografierte er viel mit der Drohne aus der Luft, nahm Wärmebilder auf, porträtierte die Menschen, dokumentierte Barrikaden und fotografierte Sequenzen.
Wir sprachen mit ihm darüber:

Was waren für dich die besonderen Herausforderungen bei dieser Langzeitdokumentation?
Verabredungen waren schwierig im Wald. Nicht alle haben eine Uhr oder ein Smartphone dabei. Viele leben nach dem Gang der Sonne. So waren viele Begegnungen zufällig und ich musste recht spontan fotografieren und auf Ereignisse reagieren, die gerade passierten.

Konntest du als Journalist uneingeschränkt deiner Arbeit nachgehen?
Oft ja, manchmal nein. Die Polizei hatte zum Teil Pressebetreuer abgestellt, die meinen Aktionsradius in manchen Situationen vorgaben. Gelegentlich musste ich mir während der Räumung einen eigenen Weg suchen. Mit den Aktivist*innen hatte ich ein Vertrauensverhältnis aufgebaut, oft konnte ich aber auch nicht fotografieren, weil manche Menschen im Wald dies nicht wollten. Das war für mich immer akzeptabel und daran hielt ich mich auch.

Welche fotografischen Ansätze verfolgst Du in deinem Projekt?
Ich möchte mit meinen Fotos nicht alles erklären, sondern bewusst auch Fragen offenlassen. Deshalb entschied ich mich auch, das Projekt mit verschiedenen Bildebenen zu realisieren. Damit sich aus dem Mosaik im Betrachter eine Ahnung formt, die Neugierde weckt auf mehr.

Als Journalist begleitest du die Besetzung im Hambacher Wald seit vielen Jahren mit der Kamera. Der Wald gilt als gerettet, aber es leben weiterhin Menschen dort. Wie geht es weiter?
Die Besetzung ist immer noch da, wenn auch deutlich kleiner. 2022 jährt sie sich zum zehnten Mal. Für Menschen im Hambi ist dieser Ort ein Freiraum, um Lebensmodelle zu entwickeln und zu verwirklichen, die in einem normalen urbanen Umfeld nicht möglich sind. 

Deine Bilder sind in vielen Magazinen, online und gedruckt, erschienen. Jetzt machst du ein Buch darüber. Warum hast du dich für ein Buch entschieden?
Bilder in Magazinen kommen und vergehen, ein Buch bleibt. Über Jahre. Die Besetzung des Hambis ist ein wichtiges zeitgeschichtliches Ereignis in Deutschland, aus dem heraus viele Impulse in die Gesellschaft getragen wurden. Dem möchte ich ein kleines Denkmal setzen.


Um das Buch zu realisieren, hast du eine Crowdfunding-Kampagne bei Startnext gestartet. Welche Erfahrungen hast Du mit dieser Art der Projektfinanzierung gemacht?
Crowdfunding ist harte Arbeit. Es reicht nicht, die Kampagne zu machen, zu veröffentlichen und dann abzuwarten. Dies ist meine dritte Kampagne dieser Art, die erste war ein Gemeinschaftsprojekt über den Kölner Karneval, das zweite ein Buch über die utopische Stadt Auroville. Beide Kampagnen waren erfolgreich. Die Frage ist auch immer, ob man sein Zielpublikum erreicht. Ich hoffe, dass mir das mit FORST auch gelingt.

Link zum Crowdfunding: https://www.startnext.com/forst-von-baeumen-und-menschen

Danke für das Gespräch und viel Erfolg!