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Hochzeitsfotografie: Kirche & Paar

30. Juni 2015 - Christian Beck
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Es geht los
Eine schlaflose Nacht vor einem besonderen Hochzeitsjob ist keine Seltenheit. Eine Hochzeit ist jedes Mal aufs Neue spannend, denn man weiß nie genau, was einen erwartet.
Wir fotografieren in der Regel ganze Hochzeitsreportagen. Das bedeutet, wir kommen morgens dazu, wenn die Braut gestylt wird, wenn der Bräutigam noch schnell die Blumen aus der Gärtnerei holt und die Mütter die Leberwurstbrote für zwischendurch schmieren. Diese intimen Situationen im Vorfeld, diese knis­ternde Nervosität, die aufgeregten Freundinnen und der vor Freude weinende Brautvater sind Motive, die man zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr einfangen kann.
Eine glückliche BrautDiese Bilder sind es, die den Tag und die Reportage später abrunden, sie gestalten den Anfang. Zudem sind das für uns die Momente, in denen wir die Eltern und die Trauzeugen kennenlernen, ihnen vertraut werden. Natürlich muss man trotz ­aller Intimität behutsam vorgehen und sollte sich stets im Hintergrund halten. Das trifft besonders auf Situationen zu, in denen sich die Braut oder der Bräutigam umziehen. Man muss dann immer offen formulieren, dass eine Ansage kommen soll, wenn man kurz den Raum verlasssen sollte.
Es kommt allerdings auch vor, dass wir nicht nur fotografisch eingebunden werden: Deshalb muss ein Hochzeitsfotograf auch Krawatten binden können und wissen, wie man Brautkleider zuknöpft …

In der Kirche
Steht die Trauung an, sollte man natürlich frühzeitig vor dem Brautpaar vor Ort sein. Schließlich weiß man nie, wie die Parkplatzsituation ist, und zudem kann man noch nach dem Licht und nach möglichen Motiven Ausschau halten. Außerdem macht es immer Sinn, sich kurz beim Pfarrer vorzustellen. Dann sucht man sich einen Platz und drapiert seine Ausrüstung auf der Kirchenbank. Es ist wichtig, dass man sie während der Trauung ohne Kramerei in der Tasche und ohne aufzufallen bedienen kann.
Während der Trauung gibt es die klassischen Situationen, die man fotografieren muss: der Einzug, das Paar vor dem Altar, verliebte Blicke, die Verwandten in der ersten Reihe und die Trauzeugen. Darüber hinaus kann man aber noch viel mehr Motive finden und kreativ umsetzen. Die Gesangsphasen bieten sich an, um lautlos durch die Kirche zu streifen, das Paar von einer anderen Seite zu fotografieren oder um spielende sowie gelangweilte Kinder abzulichten. Man sollte sich insgesamt zurückhalten, aber dennoch mutig zu Werke gehen. 
Fotografisch unerlässlich sind natürlich die Ringübergabe und der erste Kuss nach der Trauung. Danach hat man im Prinzip die wichtigsten Fotos im Kasten und kann etwas verspielter arbeiten. Mit dem Weitwinkel kann man die Architektur und die Szenerie fotografieren. Zwischendurch kann aber auch immer wieder mal das Tele zum Zuge kommen, um Nahaufnahmen vom Paar oder den Gästen zu machen. Generell sollte man in der Kirche nicht blitzen! Das Arbeiten ohne Blitz hat ­allerdings zur Folge, dass trotz lichtstarker Objektive ISO-Werte jenseits von 2.000 keine Seltenheit sind. Der Einsatz der ISO-Automatik kann einem hierbei viel Zeit ersparen: Unsere Kameras stellen wir so ein, dass sie bis ISO 6.400 reicht und automatisch ab einer Belichtung unterhalb von 1/125 Sekunde einen jeweils höheren ISO-Wert wählt. Das ist ausgesprochen hilfreich und man ist vor Überraschungen sicher. Ich habe mich zudem so an die ISO-Automatik gewöhnt, dass ich ausschließlich nur noch damit fotografiere. 
Vor dem Ende der Trauung sollte man damit beginnen, die Tasche leise zu ­packen und sich am Ausgang für die Auszugsfotos positionieren. Vor der Kirche angekommen, muss alles sehr schnell gehen, wenn die Eltern und das frisch gebackene Paar sich in die Arme fallen. Mit etwas Glück kann man sehr emotionale Szenen aus nächster Nähe einfangen. Haben die engsten Verwandten sich beglückwünscht, kann man gut aus der Distanz weiterarbeiten. Wir nutzen dazu häufig das Tele, um Menschen oder kleinere Gruppen unauffällig abzulichten.

Das Brautpaar im Bild
Jetzt geht es ans Eingemachte, denn meistens finden die Paarfotos am Nachmittag zwischen Trauung und Feier statt. Das Licht ist zwar häufig hart, aber nur wenige Paare wollen sich in den Abendstunden noch einmal von ihren Gästen wegen der Fotos trennen. Gelingt es doch, das Paar von den Vorteilen des schöneren Lichts zu überzeugen, ist das natürlich ein enormer Vorteil. Der Ort für diese Bilder muss nicht zwingend ein besonderer sein. Wir fragen immer, ob das Paar zu einem bestimmten Ort eine Verbindung hat. Eignet sich dieser Ort als Foto­hintergrund, ist das perfekt. Leider ist das allerdings nur selten der Fall. Deshalb sollte man idealerweise die nähere Umgebung auskundschaften, um eine passende Location zu finden.
Speziell bei der ersten Hochzeit bietet es sich für das eigene Sicherheitsgefühl an, gewisse Plätze, Sets und Motive gedanklich vorher eingeplant zu haben. Leider ist das aufgrund räumlicher Entfernungen nicht immer möglich. In solchen Fällen muss man sich auf die Aussagen der Brautpaare verlassen oder man sucht im Internet nach Informationen. Google Earth kann nützlich sein, um große, freie Flächen, kleine Wäldchen oder einen See in der Nähe zu entdecken.
Als Foto-Location kann der verträumte Park mit See und ­Brücke dienen, wird aber sehr schnell langweilig. Begibt man sich erst einmal intensiv auf die Suche, wird man verwundert sein, wo sich überall passende Orte finden. Alte Fabriken, Ruinen, stylische Hotels, Häfen, Kornfelder oder die Innenstadt können perfekt als Motiv dienen. Wer jedoch speziell bei der ers­ten Hochzeit sicher sein will, ist mit den fast überall vorzufindenden Grünanlagen gut beraten. Hierbei sollte man in erster ­Linie darauf achten, störende Objekte im Hintergrund zu vermeiden und nicht mit aufzunehmen. Gerne finden sich sonst Mülltonnen, bunte Autos oder Passanten auf den Fotos wieder.
Geht es schließlich ans Fotografieren, lassen wir das Paar häufig erst selbstständig agieren. Die ruhigen Momente zwischen Trauung und Feier sollten entsprechend locker gestaltet werden, um natürliche Aufnahmen machen zu können. Das Brautpaar soll die Fotosession genießen. Deshalb ist ein kurzer Small-Talk ohne Kamera mit gemeinsamen Durchatmen nach dem Stress anfangs sehr willkommen. 
Unsere Bilder entstehen in der Regel spontan oder mit nur dezenten Anweisungen. Ist das Paar anfangs zu nervös und kann sich nicht entspannen, hilft immer die unmissverständliche Regieanweisung: „Küssen!“ Beim Küssen an diesem besonderen Tag vergisst das Paar ganz schnell, dass ein Fotograf anwesend ist und findet schnell zur Ruhe – besonders toll werden häufig die Bilder direkt nach diesen Küssen.
Danach werden die Paare in der Regel entspannter und man kann aufmerksamer mit ihnen arbeiten. Hier können dann ab und zu auch mal Anregungen wie „Nimm deine Frau mal in den Arm!“, „Setzt euch mal hin!“ oder „Schau über seine Schulter!“ hilfreich sein. Diese Anweisungen sind jedoch nur Anstoß zu einem neuen Motiv. Weitere eigene Handlungen des Brautpaares sind bei uns ausdrücklich erwünscht. Nur so erhält man Bilder, die nicht gestellt und verkrampft aussehen.
 
Trotz aller Spontanität und Ungezwungenheit ist es dennoch wichtig, Motive im Kopf zu haben. Bestenfalls sollte jeder hier sein Repertoire haben, auf das er zurückgreifen kann, aber es ist auch wichtig, aufmerksam zu sein, um Motive neu zu ­entdecken. Manchmal sind es die scheinbar banalen Dinge, die ein Foto besonders machen können: Ein freistehender einzelner Baum, eine farbige Tür, interessante Gardinen, eine geschwungene Treppe, aber auch ein bunter Stromkasten, ein Garagentor oder eine marode Wand können, gut in Szene gesetzt, hervorragende Hintergründe bilden.
 
Wir gestalten unsere Bilder häufig luftig, platzieren das Paar in einer Ecke im Bild und lassen dem restlichen Bild viel Fläche. Angst, dass das Paar untergeht, haben wir dabei kaum. Die weiß gekleidete Braut und der Bräutigam ziehen immer unweigerlich die ­Blicke auf sich. Fotografisch ist fast alles denkbar. Bekommt das Brautpaar vermittelt, dass der Fotograf weiß, was er tut, lassen sich humorvolle und kreative Fotos leicht umsetzen. Natürlich sollte man immer darauf achten, dass die Kleidung des Brautpaares keinen Schaden nimmt. Achten Sie an kalten Tagen darauf, dass das Brautpaar sich nicht verkühlt. Wichtig ist, dass man viel mit dem Brautpaar kommuniziert und auch offen für deren Inspirationen ist. Entfernt man sich vom Brautpaar, um beispielsweise stimmungsvolle Teleaufnahmen zu machen, hilft es, dem Paar im Vorfeld bereits zu sagen, was man vorhat, damit man nicht aus 15 Metern Entfernung Kommandos schreien muss.
Es kommt auch vor, dass man eine halbe Hochzeitsgesellschaft hinter sich stehen hat, wenn man das Paar fotografiert. Das kann ausgesprochen störend sein, da das Brautpaar dadurch abgelenkt wird. Ist diese Situation absolut nicht zu umgehen, muss man selbstbewusst auftreten und sich gegenüber der Gesellschaft behaupten. Hilfreich kann es sein, wenn sich jemand aus dem Gäs­tekreis bereiterklärt, zu assistieren. Der- oder diejenige kann beim Tragen helfen oder der Braut den Brautstrauß abnehmen, wenn sie ihn nicht benötigt.
Für die Paarbilder sollte man mindestens eine Stunde einplanen. Mehr ist allerdings oft besser.
Danke fuer die tipps Christian ! Liest sich sehr gut und sind tolle anregungen dabei. Du schreibst "wir" , hast du einen assistenten oder fotografierst du mit einem/deinem partner ?
Ich muesste alles allein machen , darum bin ich sehr unsicher und hab anfragen bislang abgelehnt.

Lg Dirk
Danke für den/die Artikel. Eine Fülle von nützlichen großen und kleinen Tipps. Kann ich am nächsten Wochenende gleich versuchen umzusetzen. :-)
Hallo Christian,

wie immer Tolle Tipps fuer das Fotoshotting.
Das einzigste was ich anders gemacht haette, waere das Bild im Kuhstahl.
Etwas mehr Licht...

Das ist aber wie immer geschmacksache
Ich finde, dass die Hochzeitsfotografie tatsächlich ein richtig schwieriges Thema ist - die Momente sind so kurz und kostbar, dass es wichtig ist auf den Punkt ein gutes Bild hinzubekommen. Aber Spaß macht es in jedem Fall. Die Tipps sind gut und hilfreich.
Tolle Fotos uns sehr nützliche Tipps. Danke dafür.
LG
Danuta
Ganz toller Blog! Vielen Dank für die vielen Tipps und Hinweise.
Ich bin superglücklich, diesen Blog gefunden zu haben, da ich nächstes Jahr für einen Freund Hochzeitsfotos machen soll und mich nach der Lektüre Deines Blogs jetzt deutlich besser gerüstet fühle als vorher.

Nochmals Danke und ich freue mich auf weitere interessante Blogs!
Administrator
Danke! :-)
Teil 3 folgt noch in dieser Woche!
Hallo Christian, vielen Dank für deine Tipps und zur deren Unterstreichung noch die
tollen Fotos. Ich habe in diesem Sommer 2 Hochzeiten fototgrafiert und für mich festgestellt, dass es eigentlich unmöglich ist, eine Hochzeit alleine zu fotografieren. Glücklicherweise habe ich einmal mit meiner Freundin und das andere Mal mit einem Freund fotografiert.
So kann sich z.B. bei der Gratulation ein Fotograf auf die Braut, der andere auf den Bräutigam konzentrieren, ebenso bei den Vorbereitungen, Friseur und ankleiden der Brautleute findet ja fast immer an unterschiedlichen Location statt. Dann noch die Zeremonie in der Kirche, einer fotografiert im Altarbereich und der andere im hinteren Bereich. Ich habe ganz schön geschwitzt, der Zeitdruck war enorm und das ganze ganz schön harte Arbeit. Letztendlich kamen die Bilder sehr gut an. Ich war froh, überlege mir aber, ob ich mir diesen Stress nochmal antue. Dann noch die Bildbearbeitung,die für mich der zeitintensivste Teil war.
Liebe Grüße aus dem Pott,
Rainer