Natur vor der Tür

Industriekröten

30. Mai 2014 - Markus Botzek
2
Hallo,
diesmal direkt aus dem Kohlenpott, oder was davon übrig ist. Denn das Areal des Landschaftspark Duisburg war einst als Stahlwerk aktiv, heute dient es der Naherholung und bietet enorme Fernsicht. Und ist Teil der Route Industriekultur. Etwas verloren geht dabei leider, dass es sich auch um ein recht spannendes Stück "Industrie-Natur" handelt. Wenn man unter dem Blätterdach der Bäume am Kiosk sein alkoholfreies Weizenbier trinkt, hüpfen überall die Meisen herum und der Gesang des Hausrotschwanz ist allgegenwärtig. Ganz nebenbei, dass ich ein alkoholfreies Weizen trinke und kein Pilsken, ist auch ein Zeichen, dass das Ruhrgebiet im Wandel ist. Nicht nur die Industrieruine hier. "Hömma, so ein Zeugs gibbet hier nich" wäre vor noch gar nicht einmal so langer Zeit an jedem Tresen und Kiosk hier die Antwort auf eine solche Bestellung gewesen. Aber wie dem auch sei.



Wenn es dunkel wird, ziehen sich Kletterer und Familien langsam zurück und es wird stiller. Aber nicht völlig still. Denn einige Besucher kommen gerade jetzt erst hierher, da Teile der Anlage illuminiert werden. Neben Spaziergängern, die Gefallen an der etwas veränderten Atmosphäre haben, kommen auch viele Fotografen. Mein Kumpel Peter Schütz und ich suchten an einem feuchten Abend hier ebenfalls nach Motiven, aber wie es nunmal unsere Art ist, nach tierischen. Leider war die Laichzeit der Kreuzkröten schon vorbei, sodass sie nicht wie erhofft ihren Balzruf hören liessen. Im Schein unserer Taschenlampe fanden wir dennoch eines der Tierchen. So richtig spektakulär wie erhofft war das aber noch nicht. Ein Bild der Kröten mit gewaltig aufgeblasener Schallblase vor beleuchteter Industriekulisse werden wir erst im nächsten Jahr machen können.



Zum Glück gaben wir nicht gänzlich auf, sondern schauten uns noch ein wenig um. In einem Raum, der nach oben hin offen ist, hat sich Wasser angesammelt, in dem sich Massen an Kaulquappen tummelten. Ein raffinierter Zug der kleinen Kröten, hier abzulaichen. Obwohl nach oben offen, bietet der Raum dennoch mehr Schutz vor Verdunstung, sodass die Kaulquappen Zeit haben werden, sich zu entwickeln, bis ein möglicherweise trockeneres Wetter die Pfützen austrocknet. Uns gefiel die Atmosphäre des Raumes. Dessen blaue Beleuchtung und einige freischwebende Figureninstallationen über uns gaben der Umgebung etwas gruseliges. Und dann saß da auf einmal auch noch eine kleine Kröte. Perfekt.



Zunächst versuchten wir, dem Motiv mit Blitzlicht Herr zu werden. Da ich augenblicklich ein solches nicht zu meiner Ausrüstung zählen kann, musste ich mir was anderes einfallen lassen, wenn ich nicht nur zuschauen und kluge Ratschläge geben wollte. Und wozu hat man mit der D600 eine Kamera, die etwas erhöhte ISO-Werte ermöglicht, ohne dass einem vor Bildrauschen das Trommelfell platzt. Da noch weitere Kreuzkröten zugegen waren, durfte auch ich mich auf den feuchten und sicher nicht ganz sauberen Untergrund werfen. Das gute an der Dunkelheit ist auch, dass man nicht alles sieht.



Mit ISO 1000 habe ich also die Kamera auf den Boden gelegt und wie man im Bild sieht, etwas verkantet. Aber dafür gibt es ja Bildbearbeitung. Das muss ich noch nachholen. Ein Problem bei dieser äußerst schlechten Beleuchtungssituation ist das Scharfstellen. Da ist es hilfreich, das Motiv kurz mit der Taschenlampe anzuleuchten. Kurz und nicht mit vollem Lichtstrahl deshalb, da es der Kröte nicht sonderlich behagt und sie ihre gerade einmal optimale Position im Taschenlampen-Vollspot ändern wird. Mit der Spiegelvorauslösung reicht das vorhandene Licht aus, um eine vernünftige Aufnahme zu machen. Leider haben wir den Raum erst gegen 0 Uhr gefunden und um 1 Uhr wurde es langsam recht kalt, sodass wir das fotografieren beendet haben. Die Tiere spielten ohnehin nicht mehr so mit und wanderten umher. Bei meinem nächsten Besuch hier werde ich sicher die unterschiedlichen Weißabgleicheinstellungen austesten. Die hier gezeigten Bilder sind alle mit dem Automatischen Weißabgleich entstanden.
Neben den Kreuzkröten, die erst Nachts rauskommen, gibt es hier eine spannende Vegetation und mit Mauereidechsen und Insekten immer was zu fotografieren. Es wäre schön, wenn mehr Naturfotografen derartige Biotope für sich entdeckten und den Mitbürgern zeigten, wie viel Leben auf den kargen Flächen herrscht. Leben, das auf einen Erhalt solcher Flächen dringend angewiesen ist und damit eher schlechte Karten für die Zukunft hat.
Warum schlechte Karten für die Zukunft? Diese und andere Anlagen stehen doch unter Denkmalschutz...
Ein interessanter und informativer Beitrag, da sieht man, daß sich Mutter Natur doch wieder eien Platz zurück holen kann. Sollte in meiner näheren Umgebung auch einmal schauen, ob es solche Lokalitäten gibt!
Gruß aus München von Gisela