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Was spricht eigentlich gegen "natürliche" Farben?

Frage: Was spricht eigentlich gegen "natürliche" Farben?
Diese Frage stelle ich mir bei manchen Fotos der ff-Galerie. Auch wenn insbesondere bei der Digital-Fotografie "natürlich" einen sehr breiten Rahmen darstellt, gibt es doch m.E. eine Grenze zum "unnatürlichen", "unrealistischen".
Diese Grenze kann bei der Digitalverarbeitung eines Fotos durch diverse Manipulationen sehr schnell überschritten werden und sei es nur durch das Steigern oder auch zu starke Senken der Farbempfindlichkeit.
Das Überschreiten dieser Grenze sollte m.E. sehr bewusst geschehen und mit einer klaren künstlerischen Aussage des Bilds verbunden sein. Das heißt, um die Eingangsfrage umzudrehen, was spricht beim konkreten Foto für eine „unnatürliche“ Farbe? Und da habe ich, wenn ich mir die Fotos der Galerie betrachte, sehr oft starke Zweifel.
Ich weiß, das objektive Foto existiert nicht und ich plädiere überhaupt nicht dafür, dass ein Foto ein 100-prozentiges Abbild der Realität sein soll, das kann es aufgrund der technischen Randbedingungen und der unterschiedlichen menschlichen Wahrnehmung schon nicht sein. Aber ich plädiere für eine „bewusstere“ und zurückhaltende Bildbearbeitung, zumal man vieles durch entsprechende Arbeit hinter der Kamera und vor der Aufnahme erledigen kann.
Nun mag ich vielleicht zur konservativen Fraktion gehören, aber für mich gibt es eine Grenze der „Fotografie“ zu einer weiteren Sparte der „Bilder auf der Grundlage eines Fotos“.
Aber die Geschmäcker sagt der Bäcker …
 

Antworten

von Piesl
Hallo,
gegen natürliche Farben spricht, meiner Meinung nach, nichts, außer man setzt sie als Dogma voraus. Ist sie doch im wahrsten Sinne des Wortes Ansichtssache. Ein blauer Himmel ist genauso eine optische Erscheinung wie ein roter Sonnenuntergang oder das Grün der Blätter. Jeder empfindet dies als persönlichen Farbeindruck. Ob man das nun bei hoffnungslos überzogenen HDRs als unangenehm bis hässlich empfindet oder darin das absolute WOW für sich empfindet ist letztlich doch die eigene Einstellung zu der Sache. Regler kann ich in allen Programmen bis zum Anschlag ziehen und mir so meine persönliche Realität erschaffen. Ob das nun jedem gefällt steht auf einem anderen Blatt. Letztlich müsste man da sogar Schwarz-Weiß, Sepia usw. rigoros ablehnen, das sind auch nur technische Manipulationen und keine natürlichen Farben.
Ich kann mich noch an einen Werbespruch aus Urzeiten erinnern. Damals wurde die Einführung des Farbfernsehens zu Fußball WM proklamiert mit dem Slogan:... weil Rasen nun einmal Grün und nicht grau ist. Was Wahres dran, oder? Apropos Werbung und TV/Kino. Den Spot von Freixenet (Schleichwerbung, sorry) hat sicher jeder schon einmal gesehen. Ich hatte darüber mal einen Bericht gesehen; die Spots wurden ganz normal abgedreht und erst nachträglich in diesen herrlichen Sektgoldton am PC gefärbt. und zu Analogzeiten galoppierten weder John Wayne noch die Cartwrights bei stockdunkler Nacht über die Prärie. Das kam erst durch Filtern, sah man deutlich an den knackscharfen Schlagschatten. Trotzdem wirkt das als "natürlich". Farbe war also schon seit je her das was man zeigen oder sehen wollte. Diese Ultra HDRs mag ich auch nicht, wem es aber gefällt ...
Der Praktikant, den ich kürzlich neben mir am Arbeitsplatz (Druckvorstufe) hatte bekäme nun sicher Tränen in den Augen. Er gestand mir kleinlaut, als ich ihm ein Farbmusterbuch erklärte, dass er eine massive Farbsehschwäche hat. Kein Problem im Leben, er SIEHT die Welt einfach nur in etwas anderen "natürlichen" Farben als das Gros der Menscheit.

Gruß Peter