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Andere

Lothar Mantel
„Verantwortlich für 60 Millionen Tote“


Was bringt einen Künstler dazu, einem Verberecher zu huldigen?
Kategorie: Diverses
Rubrik: Andere
Hochgeladen: 15.02.2022
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Kamera: DMC-LX100
Objektiv:
Blende: f/9
Brennweite: 14.4 mm
Belichtung: 1/40 sec
ISO: 800
Keywords: Andy Warhol, Mao,
Hamburger Bahnhof, Berlin


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Kommentare zum Bild

Margot Kühnle
15.02.2022

Lothar - Klasse aufgenommen und kommentiert.
Ja, was bringt einen Künstler (Andy Warhol) dazu, sich so selbst zu degradieren? Die Gewissheit, Aufmerksamkeit zu erregen mit dieser "poetischen Idee" der blauen Köpfe als lustig tanzende Punkte im Hintergrund zu punkten und "Kohle zu machen". - Sicher gäbe es noch mehr Gründe, auf die ich hier vor lauter Überraschung nicht gleich komme.
Mal sehen, wie sich andere Betrachter äussern. - Herzlich Margot

Lothar Mantel
15.02.2022

Klar soll Kunst auch aufrütteln, Alternativen beschreiben und sich kontrovers zu Politik und Gesellschaft artikulieren. Aber Warhol, der sich fremder Bilder bemächtigt, um sie in bunten Siebdrucken einem Kunstmarkt anzudienen welcher schließlich den Wert der Kunst und des Künstlers bestimmt, als größten Künstler der Neuzeit zu beteichnen, finde ich völlig überzogen. Ein vergleich zu Beuys, der in seiner Kunst nicht nur extraordinär war, sondern auch ein gesellschaftliches Anliegen hatte, verbietet sich meines Erachtens.

Die logischen Folgen der kommunistischen Revolution in China, wo Maos Bild nach wie vor den Platz des himmlischen Friedens ziert, sehen wir heute in Gestalt von Xi; willkürlichen Verhaftungen, totaler Überwachung, Unterdrückung der Uiguren et cetara. Und wer beutet heutzutage die Völker aus und hält sich mit allen Mitteln an der Macht? Ein Blick auf Xi und Putin macht die Antwort leicht. Der Vergleich der französischen Revolution (1789) mit dem chinesischen Bürgerkrieg (1927 bis 1949) ist völlig abwegig. Hier hilft ein Blick in die Geschichtsbücher. Der für mehr als 60 Millionen Tote Verantwortliche war ein knallharter Menschenverächter, dem für die Durchsetzung seiner Ziele jedes Mittel recht war.

Solch überdimensionaler Firlefanz wie oben gezeigt, egal auf wieviel Millionen Dollar der Kunstmarkt solche Werke taxiert, hat für mich mit Kunst weniger zu tun, als mit Design und perfektem Marketing. Damit bin ich an der nicht zu lösenden Frage: was ist Kunst? Wenn Beuys recht hat: „Jeder Mensch ist ein Künstler“, also alles Kunst ist, dann kann es ja gar keine Kunst mehr geben? Oder?

kennyonthe.rocks
16.02.2022

Moin zusammen,
ich finde es ebenfalls toll, dass hier eine Diskussion entstanden ist.
Ich kann mir durchaus vorstellen, dass der Zweck der "Kunst" damit aufgegangen ist.
Andy Warhol hat eine Kontroverse geschaffen und seine Art von Kunst regt zu Diskussionen an.
Dazu kommt immer die Sichtweise, die man vertritt. Ich welchem Alter befinde ich mich? Wann ist das Kunstwerk entstanden? Woher stamme ich?
Früher war Mao vielleicht ein Volksheld in China. Heute wird er dort vielleicht verachtet/gehasst? Wie hat ein Europäer ihn gesehen. Wie sieht ein Europäer ihn heute?
Was wäre, wenn dort ein übergroßer Adolf hängen würde?
Spannend. :)

Dieter F.Grins
16.02.2022

Hallo Lothar,
https://www.fotoforum.de/community/foto/1300577-ist-das-kunst-oder-kann-...
(ich hab da auch schon mal grübelnd gestanden)
BG Dieter

Angelika Windloff
16.02.2022

Zig Millionen Tote, unter anderem durch gewollte oder in Kauf genommene Hungersnöte beim "Großen Sprung nach vorn" und die nicht nur damit verbundenen Greueltaten - das lässt sich nicht wegreden, ebensowenig, wie die heutigen Inhaftierten, Verschwundenen und Überwachten. Und die Wirtschaft? Manche Fachleute bezeichnen sie als Manchesterkapitalismus..Eine neue Art Adel gibt es auch, Superreiche, die ihr Geld weltweit anlegen oder in Immobilien stecken, während Menschen, die als Fußvolk in den Metropolen arbeiten, sich dort nicht das kleinste Dach über dem Kopf leisten können. Was hat Wahrhol damals gewusst oder geahnt? Keine Ahnung ...Trotzdem: Aus heutiger Sicht ist auf dem Bild ein dicklicher satter Mann mit überroten Lippen zu sehen, viel giftigem Grün in der Kleidung und dem hartem Blick...Das spricht wiederum für Wahrhol, selbst wenn er das Bild als Huldigung gemeint hat. Manchmal zeigen Künstler mehr als sie selbst wollen.
LG, Angelika

Lothar Mantel
17.02.2022

Vielen Dank für eure Einlassungen unter diesem Foto! Damit hatte ich gar nicht gerechnet.
Als kritischer Gesist, der von Warhol wenig hält und von Mao schon gar nichts, wollte ich das Foto so drastisch beschreiben, wie ich es in der Ausstellung empfunden habe. Die ehrliche Gegenrede weiß ich sehr zu schätzen. Eine kontrovers geführte Diskussion finde ich allemal gewinnbringender, als die Bestätigung der eigenen Ansichten. Es lebe die Kunst!
LG Lothar

Elisabeth Sandhage
17.02.2022

Aus "Objektbeschreibung
Mao. 1972.
Farbserigrafie.
Feldmann/Schellmann/Defendi
Die Maos zeigen […], daß sich Erscheinungen, die als ernste Bedrohung der kapitalistischen Grundlagen des 'American way of life' galten, als Kunst oder Mode in die Kultur integrieren lassen, wodurch sie ihren revolutionären Status einbüßen. Die Maos lassen sich auch als Nachahmung der scheinbar unzähligen Mao-Bilder und -Plakate in China interpretieren. […] Durch die wirkungsvolle Zusammenstellung intensiver, reiner Farben verwandelt Warhol Maos ernstes, strenges Konterfei in eine Serie komischer und attraktiver Karikaturen." (Roberta Bernstein, in: Frayda Feldman und Jörg Schellmann, Andy Warhol. Prints. Werkverzeichnis Druckgraphik, München/New York 1989, S. 11). Durch die Bearbeitung des Porträts mit grellem Lippenstift und Lidschatten wie bei allen seinen Bildnissen, parodiert Warhol das bekannte Porträt des chinesischen Kommunistenführers und macht ihn zu einer weiteren amerikanischen Konsumwelt-Ikone in seinem künstlerischen Werk zwischen Marilyn, Campbell's-Suppendosen und Mick Jagger.
Soweit die Meinung der Galeristen.
Ich kann mich nur Angelika anschließen, die mit ihrer Einschätzung ja auch ziemlich nahe an der Beurteilung der Galeristen liegt
LG Lisa

Lothar Mantel
17.02.2022

Danke für diesen Text, Lisa!

LG Lothar