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Begegnungen

Ulrich Joho
„Kuridyll. Bad Kissingen 2004 bis 2008“


Ungewohnter Anblick zum Rakoczy-Fest

Text zur Serie als Kommentar unter dem Foto
Kategorie: Street
Rubrik: Begegnungen
Hochgeladen: 23.01.2016
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Kamera: FinePix F31fd
Objektiv:
Blende: f/2.8
Brennweite: 8 mm
Belichtung: 1/110 sec
ISO: 200
Keywords: Deutschland, Bayern,
Unterfranken, Bad
Kissingen


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Kommentare zum Bild

Ulrich Joho
23.01.2016

Kuridyll
Ich bin warm geworden mit diesem "schönsten Kurort Deutschlands", mit Bad Kissingen, Bayern, Regierungsbezirk Unterfranken. Nach jährlich zwei bis drei Wochenendbesuchen bei meiner Mutter seit einigen Jahren. Ich genieße die alte Bäderarchitektur und verdränge langsam die schlimmen Betonbausünden der 70er Jahre. Es soll ja wieder aufwärts gehen mit den Besucherzahlen und den Übernachtungen, lese ich auf der Web-Seite der Stadt, durch die (nicht immer beschaulich) die Fränkische Saale fließt. Regentenbau, Kur- und Rosengarten, Arkadenbau, Luitpold-Spielcasino erinnern an die "guten alten Zeiten" des Kurbads. Mitte der 90er Jahre sorgte eine Gesundheitsreform für herben Schwund von Kurgästen und Arbeitsplätzen. Die Zeit, da Leo Tolstoi oder der Maler Adolph Menzel sich hier die Ehre gaben, ist ferne Vergangenheit und an die wellnesshungrigen Großbürgerlichen erinnern heute nur noch vereinzelt Damen in extrordinärem Outfit beim Wandeln durch den gepflegten Kurgarten. Die gut situierten Senioren geben sich heute schlicht - weiche Stoffe, dezente Muster, sandfarbene Blazer, hier nicht anders als in den Kaiserbädern an der Ostsee. Bei jedem Besuch entdecke ich neue leere Schaufenster. Teppiche zum Sonderpreis und doch keine Käufer. Es funkelt und glitzert an jeder Ecke. Und dann sitzt da ein trauriger russischer Akkordeonvirtuose. "Spiele jedes Lied." Mitten im Markttrubel des Wochenendes, der viele aus dem unterfränkischen Umland anzieht. Ich erlebte im Mai eine Kommunion. Nur auf der Empore war noch Platz. Ein Gospelchor sang mitreißend fröhlich. Und dann gab der Pfarrer den festlich gekleideten Mädchen und Jungen auf den Weg, sich außerhalb um eine Ausbildung zu sorgen, hier gebe es wohl keine Chance. Und wieder Besuche im "bekanntesten Kurort Deutschlands". Wohnen bei meiner Mutter, die ganz plötzlich vom Notarzt nach Schweinfurt ins "Leopoldina" gefahren wurde. Besuche vor der schweren Operation und danach. Das Verhältnis, auch zu Bad Kissingen, war intensiver geworden. Die täglichen Fahrten nach Schweinfurt öffneten den Blick für die liebliche Landschaft. Und dann war ja noch zum Fußballgroßereignis die Grabengasse zur "König-Otto-Gasse" umbenannt worden - vom italienischen Wirt der Fan-Kneipe mit den griechischen Kellnern. Treffpunkt auch von manch frisch verliebten Pärchen reiferen Jahrgangs. Händchenhalten, Rücken streicheln - Bad Kissingen, Kuridyll.Umzug meiner Mutter in ein Pflegeheim in unserer Nähe. Abschiedsbesuch also nach der Wohnungsauflösung am Kurgarten nach vier Jahren. Im Sommer hatte ich es noch geschafft, das alljährliche Rakoczy-Festival zu erleben. Ein etwas skurriles Kostümspektakel, bei dem sich Statisten in den Schwanstein-Ludwig, den Eisernen Kanzler und allerlei andere historische Persönlichkeiten verwandeln, in Kur- und Rosengarten flanieren, die Damen mit Reifröcken und sonnenbeschirmt – Fotografieren erwünscht.
Gut zwei Jahre konnte ich meine Mutter in der Seniorenresidenz Ferch besuchen, sie verstarb im Oktober 2010. Die Fahrten nach Bad Kissingen sind jetzt wohl endgültig Vergangenheit. In Erinnerung bleibt, was ich in dieser Sammlung zeige, „mein“ Bad Kissingen, erlebt in vielen Besuchen zwischen den Jahren 2004 und 2008. Die Abgabe einer CD in der Stadtverwaltung (Ausstellung?) blieb ohne jede Reaktion.

Ulrich Joho