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Ozeanien

Dieter F.Grins
„Traumzeit im Outback“


Mit einem Ausschnitt aus diesem Bild machte das TOURS-Magazin 1/2009 auf. Den Reisebericht dazu von meiner Frau.

Unterwegs auf der Cunning Stock Route (CSR)
Gertrud Grins


Die Canning Stock Route wurde zwischen 1898 und 1910 für den Viehtrieb geschaffen. Sie führt von Wiluna im Südwesten Australiens nach Halls Creek im Norden und ist knapp 2000 Kilometer lang. Um die Rinder erfolgreich durch die drei Wüsten – Little Sandy Desert, Gibson Desert und Great Sandy Desert – treiben zu können, mussten 51 Brunnen gebohrt werden. Michael Tobin, der Brunnenbauer, starb dabei durch den Speer eines Eingeborenen. Er wurde am Waddawalla Wasserloch begraben.

Als die Rindertransporte auf Road trains (LKW) verlagert wurden, verfielen die Brunnen. Als die CSR von Offroad Fahrern entdeckt und immer beliebter wurde – sie ist die längste Piste ohne Versorgungsstationen, die es  in Australien gibt –  restaurierte man einige der Brunnen. Mein Mann träumte Jahre davon, die CSR zu fahren. Aber es allein zu tun, das galt als zu risikoreich. Im Bekanntenkreis fand er niemanden, der für eine so waghalsige Tour Geld ausgeben wollte. Schließlich las er ein Angebot das passte. Offeriert wurde eine Tour für Selbstfahrer mit Toyota Landcruisern.

In Perth übernahmen wir das Fahrzeug. Wir mussten schon erfinderisch sein, um in dem Minicampmobil 40 kg Gepäck unterzubringen, dazu Lebensmittel für drei Wochen, 105 Liter Trinkwasser und 220 Liter Diesel. Was zunächst unmöglich schien, gelang. Alle Dinge waren pisten- und dünentauglich verstaut.
Das Abenteuer konnte beginnen.
Der Fahrer konzentrierte sich auf den Linksverkehr und gewöhnte sich ans Kolonnenfahren (drei Fahrzeuge). Unser Auto war ein Kraftpaket. Es half, die rund 1000 Dünen im ersten Anlauf zu meistern. Bei besonders hohen und steilen Dünen wiesen tiefe Mulden kurz unter dem Dünenkamm darauf hin, dass schon so manches Fahrzeug stecken geblieben war und sich eingegraben hatte. Diese Dünen zu queren, war eine Tortur. Ich musste >schlagfertig< sein: mich festhalten, Muskeln anspannen, Rücken entlasten. Der Wagen sprang hopp-hopp-hopp schwungvoll bis auf den Dünenkamm. Und stand. Ich atmete tief durch. Der Fahrer strahlte. Bevor wir abwärts glitten, nahmen wir uns Zeit zu schauen und zu staunen:
Unendliche Weite, blauer Himmel, rote Erde bewachsen mit Wüsteneichen, Eukalyp-tusbäumen, mit blühenden Honig-Grevilien, Mulgabüschen und ein Meer von Spinifex Gras. Halbwüste durch die Dingos streiften, Echsen huschten, wilde Kamele trampel-ten. Kängurus zeigten sich selten. Und Schlangen? Die einzige, die wir sahen, lebte in Brunnen 46, eine Brown Snake, etwa drei Meter lang. Wir sahen auch Spinnen, die sich in der Dunkelheit am Lagerfeuer wärmen wollten, sie waren weiß und etwa Daumennagel groß. Fliegen können im Outback wirklich sehr lästig sein. Aber Fliegen waren nicht geschlüpft und auch die Mücken hielten Winterschlaf. Anfangs war es nachts so kalt, dass unser Waschwasser am Morgen eine Eisschicht trug und unsere Stirnbänder zu Ehren kamen. Wohl dem, der sich schnell erinnerte, wo sie verstaut waren. Sobald die Sonne hoch am Himmel stand, vergaßen wir die Kälte der Nacht und freuten uns, über angenehme 20 bis 25° C.
Ideales Reisewetter.
Die Trockenflüsse zu durchqueren erforderte viel Geschick. Wenn die Schaukelei es zuließ, schaute ich in die Detailkarte, um festzustellen, wie weit es noch bis zum nächsten Brunnen sein würde oder wann wir zur Calvert Range abbiegen würden. Ich war gespannt auf die großen Salzseen, die wir umrunden mussten, überrascht über die Salzbüsche an ihren Ufern, die im blühenden Kontrast zur weißen Salzkruste standen. Es ging hinauf auf Felsplateaus mit beeindruckender Fernsicht und natürlich freuten wir uns auf die Oasen. Sie sind die grünen Lungen im weiten Wüstenmeer, die beschattet von mächtigen Eukalyptusbäumen ganzjährig Wasser spenden. Einsame Orte mit Vogelgezwitscher. Beruhigend für die Augen, erholsam für den Rücken, erbauend für die Seele.
Selbstverständlich hielten wir bei jedem Brunnen, um zu fotografieren, was von ihm übrig geblieben war, ebenso stoppten wir bei den Autowracks, die an der Strecke langsam vor sich hin rosteten. Absurd wirkte das Gestell des Handkarrens von Murray Rankin, der versucht hatte, die CSR zu Fuß zu bewältigen und bei Well 15 aufgeben musste.
„Einsteigen! Es geht weiter.“
Die Tage waren kurz. Gegen 18.00 Uhr versank die Wüste in Dunkelheit. Doch vor dem Ruhen mussten wir uns sputen, egal wie romantisch der Lagerplatz war. Aussteigen, Glieder recken, Arme strecken, Holz sammeln, Tische und Stühle aufstellen und nicht zu vergessen, ein kaltes Bier für die Fahrer bereithalten. Wenn das Feuer brannte, begannen die Essensvorbereitungen: Gemüse putzen, Kartoffeln schälen, Fleisch und Zwiebel schneiden. Der Reisleiter gab die Anweisungen, wir Beifahrer wirbelten. Das taten wir gerne, denn er war ein geübter Koch, der das Feuer beherrschte und schmackhafte Speisen zauberte. Natürlich tranken wir ein Glas Wein zum Essen, betrachteten den Sternenhimmel, suchten das Kreuz des Südens, klönten und lachten viel. Wenn alles gespült war, zog der Duft frischgebackenen Brotes in unsere Nasen und begleitete uns ins Reich der Träume. Wir schliefen eingemummelt in dicke Schlafsäcke sorglos und sicher unter dem Dach unseres Autos in einer Stille, die ich bisher nur in der Wüste erlebt habe.
Staub war allgegenwärtig. Er kroch in Schubladen und Schränke. Unsere Schlafsäcke stopften wir deshalb in staubdichte Plastiktüten. Was nicht geschützt war, musste abends entstaubt werden. Das nervte nur, wenn die Tagesfahrt zu anstrengend war. Und die Körperhygiene? Kein Problem. Das Wasser zum Waschen entnahmen wir den Fahrzeugtanks (30 l), die wurden an den restaurierten Brunnen wieder aufgefüllt. Alle drei Tage wurde die Dusche aufgebaut und warmes Wasser bereitet. Es war wirklich erstaunlich, mit wie wenig Wasser sich der Staub gründlich abspülen ließ und welch wunderbaren Wohlfühleffekt das Duschen hatte.

Gelernt habe ich auch eine Menge.
Zum Beispiel, dass jeden Morgen eine Autokontrolle erforderlich ist, dass für Dünenfahrten der Reifendruck gemindert wird, wie man ein Rad wechselt und die Vorderachsen zuschaltet. Ich hörte das häufige Schalten und spürte, in welchem Gang wir uns bewegten.  Diesel sparen war angesagt, denn Diesel gab es nur in Kunawariti zu kaufen, in einer Aborigines Siedlung zum doppelten Preis. Kreditkarten wurden übrigens nicht akzeptiert. Selbst gesteuert habe ich das Auto nicht. Ich muss gestehen, ich habe auch nicht ernsthaft darauf bestanden.
Zugegeben eine unbeschwerte Beifahrerin war ich nicht, die Strecke war lang (15 Tage bis Halls Creek) und das Dünenqueren anstrengend. Aber Angst hatte ich keine. Die Piste war trocken, das Spinifex Gras darauf wie abrasiert, deshalb brauchten wir keinen Autobrand zu befürchten und wir hatten einen umsichtigen Expeditionsleiter. Unter solchen Voraussetzungen kann sich auf die CSR einlassen, wer körperlich fit, neugierig, risiko- und kompromissbereit ist und vor allem, wer Natur pur liebt.
Kategorie: Reise
Rubrik: Ozeanien
Hochgeladen: 23.05.2017
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Kamera: Canon EOS 5D
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Blende: f/12.9
Brennweite: 32 mm
Belichtung: 1/20 sec
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Kommentare zum Bild

Dirk Rosin
23.05.2017

Glueckwunsch dazu !
lg dirk

phillicht
24.05.2017

Es ist wunderbar, solch ein Abenteuer erlebt zu haben.

Lieber Dieter, Du bist darüber nicht überheblich und Du hast das alles mit Deiner lieben Frau erlebt, die eine genaue und spannende Schilderung daraus machte....
Eigentlich kann ich Euch beiden nur wünschen, dass ihr dabei seit, die nächste Reise zu planen.
Du wirst noch einen Baum finden!

Liebe Grüsse Philipp

khm
24.05.2017

Habt ihr sehr gut gemacht ihr Beiden. Spannender Bericht und ebensolche Bilder und meine Gratulation zur Veröffentlichung. Allerhöchstes Niveau!
Gruß Kalle

Dieter F.Grins
24.05.2017

Danke. Soviel Lob muss nicht sein.
MfG Dieter

Lothar Mantel
24.05.2017

Ein Abenteuer-Foto und ein toller Bericht. Da wäre ich gerne dabei gewesen.

LG Lothar

Thorge Berger
24.06.2017

Gratuliere Dieter!